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Kirchengericht:Landeskirchengericht der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Entscheidungsform:Urteil
Datum:13.03.2023
Aktenzeichen:LKGer 2022-1
Rechtsgrundlage:§ 18 Abs. 2 VwGG.EKD, § 21 Abs. VwGG.EKD; § 8 Abs. 2 KiVwGG; § 47 PfDG.EKD, § 49 PfDG.EKD; § 19 AG.EKKW-PfDG.EKD; § 2 ReisekostenVO, § 4 ReisekostenVO, § 6 ReisekostenVO, § 10 Abs. 2 ReisekostenVO; § 2 PfrRKV, § 3 Abs. 5 PfrRKV, § 6 PfrRKV, § 7 Satz 1 PfrRKV, § 8 Abs. 2 PfrRKV
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Beschäftigungsbehörde, Dienstauftrag, Dienstort, Dienstreise, Erstattung, Fahrtkosten, Fürsorgepflicht, Kirchenkreis, Reisekosten, Schriftform, Verfügungsstelle, Vorverfahren
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Leitsatz:

  1. Eine einfache E-Mail genügt nicht dem Schriftformerfordernis im Vorverfahren gemäß § 18 Abs. 2 VwGG.EKD, § 8 Abs. 2 KiVwGG. Die Grundsätze der staatlichen Rechtsprechung für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Klage ohne Vorverfahren nach § 68 VwGO gelten auch für das kirchliche Gerichtsverfahren.
  2. Dienstort ist bei einem Pfarrer, der eine Springerstelle im Kirchenkreis innehat oder im Rahmen einer landeskirchlichen Verfügungsstelle einen Dienstauftrag für Dienste in einem Kirchenkreis wahrnimmt, der betreffende Kirchenkreis.
  3. Die Regelungen des kirchlichen Reisekostenrechts sind grundsätzlich abschließend und entfalten – wie im staatlichen Recht – Sperrwirkung für eine weitergehende Reisekostenerstattung.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

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Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur weiteren Erstattung von Fahrtkosten sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, für alle Fahrten vom Wohnort des Klägers bis zum jeweiligen Einsatzort eine Wegstreckenentschädigung von 0,35 EUR zu zahlen.
Er ist Pfarrer im Dienst der Beklagten. Bis zum Februar 2022 war er Stelleninhaber der Pfarrstelle D.
Am 17. Februar 2022 wurde dem Kläger, der am 16. Februar 2022 seine sofortige Versetzung aus der Pfarrstelle beantragt hatte, eine landeskirchliche Verfügungsstelle, zunächst bis zum 31. Januar 2023, übertragen. Mit gleichem Schreiben wurde er aufgefordert, „so bald als möglich“ aus der bisherigen Dienstwohnung auszuziehen (Bl. G5 d. PA).
Mit Verfügung vom 16. Mai 2022 erhielt der Kläger in diesem Rahmen den Dienstauftrag, pfarramtlichen Dienst im Kirchenkreis E nach näherer Weisung des dortigen Dekans zu versehen. Mit Wirkung vom 16. Mai 2022 wurde der Kläger auch dem Konvent des Kirchenkreises E zugewiesen.
Mit gleichem Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, bis spätestens 30. Juni 2022 aus dem Pfarrhaus der Pfarrstelle D auszuziehen.
Mit E-Mail vom 1. August 2022 beantragte der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten und legte eine Aufstellung der Dienste und damit verbundenen Fahrten für den Zeitraum vom 4. Juli 2022 bis zum 30. Juli 2022 bei. Als Summe gab er 2.892 Kilometer an, wobei er eine Wegstreckenentschädigung von 0,35 EUR je Kilometer beantragte (Anl. K1, Bl. 13ff. d. A.).
Der Kläger erhielt daraufhin einen Betrag von 359,10 Euro ausgezahlt. Grundlage hierfür war, dass der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises E die gefahrenen Kilometer nur ab der Kirchenkreisgrenze und damit eine Gesamtsumme von 1.026 Kilometern angerechnet hatte.
Mit E-Mail vom 9. August 2022 erklärte sich der Kläger nicht mit der Berechnung einverstanden und bat um nochmalige Prüfung und Anweisung des aus seiner Sicht fehlenden Betrages unter Fristsetzung bis zum 16. August 2022.
Mit E-Mail vom 10. August 2022 teilte das Landeskirchenamt dem Kläger mit, durch den Kirchenkreis E werde lediglich der Betrag für die Entfernung ab Kirchenkreisgrenze erstattet. Die Fahrten bis zur Kirchenkreisgrenze seien im Rahmen der Einkommenssteuererklärung als Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte geltend zu machen (Bl. 17 d. A.).
Mit Schreiben des vormaligen Prozessbevollmächtigten forderte der Kläger am 19. August 2022 die Beklagte erneut zur Zahlung, unter Fristsetzung bis zum 2. September 2022, auf (Bl. 18f. d. A.).
Mit Schreiben vom 1. September 2022 übersandte der Kläger die Aufstellung gefahrener Kilometer für den Monat August 2022. Dabei gab er 1.513 gefahrene Kilometer an. Er erhielt 139,30 Euro überwiesen. Mit E-Mail vom 9. September 2022 bat der Kläger diesbezüglich um Abrechnung.
Mit Schreiben vom 9. September 2022 hielt das Landeskirchenamt an seiner Rechtsauffassung fest. Dienstfahrten seien nach der Verordnung über die Fahrt- und Reisekostenvergütung der Pfarrer und Vikare vom 14. Dezember 1983 (PfrRKV) lediglich die Fahrten, die entweder innerhalb eines Kirchenkreises lägen oder 100 km nicht überschritten. Dienstreisen seien andere notwendige Fahrten außerhalb des Dienstortes zur Erledigung von Dienstgeschäften. Die außerhalb des Kirchenkreis durchgeführten Fahrten des Klägers würden jedoch nicht zur Erledigung von Dienstgeschäften dienen, sondern stellten Fahrten zum Wohnort des Klägers dar. Derartige Fahrten gehörten jedoch zum Bereich der allgemeinen Lebensführung, die nicht erstattet würden. Auch handele es sich um die private Entscheidung des Klägers, weiterhin im Kirchenkreis F wohnen zu bleiben und nicht in den Kirchenkreis E zu ziehen.
Am 27. September 2022 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, seine Fahrten vom Wohnort zum Dienstort zur Erledigung der Dienstgeschäfte im Rahmen seines Dienstauftrages seien Dienstreisen im Sinne des § 3 Abs. 1 Reisekosten-VO, die auch gem. § 2 Reisekosten-VO dienstlich veranlasst und angeordnet seien.
Für den Zeitraum bis einschließlich 31. August 2022 richte sich die Erstattung nach § 2 Abs. 1 PfrRKV a. F. Der dienstliche Charakter sei unstreitig. Die Fahrten, wie sie sich aus der Aufstellung ergäben, seien zur Erfüllung seines Auftrags im Kirchenkreis E notwendig gewesen und hätten nicht länger als einen Tag gedauert. Allerdings sei die Vorschrift nicht direkt auf ihn anwendbar, weil seine Fahrten nicht nur innerhalb eines Kirchenkreis stattfänden und die Grenze von 100 km überschritten. Insoweit sei die Vorschrift analog anzuwenden. Weil er explizit der Landeskirche zugeordnet sei, müsse diese auch die Fahrtkosten innerhalb der Landeskirche tragen. Seine Situation sei insoweit vergleichbar mit einem Beamten, der im Landeskirchenamt Kassel arbeite. Auch habe der Gesetzgeber den Fall des Klägers bei Erlass der PfrRKV nicht vor Augen gehabt, sondern in erster Linie auf Gemeindepfarrer abgestellt. Es gebe jedoch keinen qualitativen Unterschied zwischen ihm und Gemeindepfarrern, der begründen würde, dass er die dienstlich veranlassten Aufwendungen nicht erstattet bekomme. Jedenfalls aber handele es sich bei seinen Fahrten um erstattungsfähige Dienstreisen. Die Aufspaltung der einheitlichen Fahrt von der Wohnung zum Einsatzort verbiete sich und entspräche einer Förmelei. Auch erhalte er keine Fahrtkostenpauschale nach § 6 PfrRKV a. F.
Es entspreche auch der Billigkeit, die Kosten vollständig zu erstatten. Er sei durch den Propst G in einem Gespräch am 16. Februar 2022 aufgefordert worden, einen Antrag auf sofortige Versetzung aus der Pfarrstelle zu stellen. Erst gut drei Monate später habe die Beklagte den Dienstauftrag erteilt. Er sei durch sie mit einer Verfügungsstelle betraut worden, die für ihn einen regelmäßigen Fahrtweg von fast 250 km bedeute. Es sei ihr aber möglich und zumutbar gewesen, ihn mit Diensten in einer näher gelegenen Kirchengemeinde oder Kirchenkreis zu beauftragen und damit die Höhe der Fahrtkosten zu beeinflussen. Im Kirchenkreis seines Wohnorts gebe es eine offene Springerstelle. Soweit die Beklagte ihr Direktionsrecht nicht dahingehend ausübe, ihn mit einer näher gelegenen Stelle zu beauftragen, müsse sie die notwendigen Kosten tragen. Zudem könne er nicht darauf verwiesen werden, den Wohnort im Kirchenkreis E zu nehmen. Der Dienst auf der Verfügungsstelle könne jederzeit beendet werden, was Ende des Jahres 2022 auch geschehen sei. Er habe daher nicht darauf vertrauen können, dauerhaft mit einer Stelle im Kirchenkreis E betraut zu werden. Er habe sich überdies auch auf freie Stellen in der Nähe seines Wohnortes beworben. Bei seinen Bewerbungen habe es sich absprachegemäß um Stellenausschreibungen mit Bischofsbesetzung gehandelt. Die Bescheidung dieser Bewerbungen liege in der Hand der Beklagten, die den Bewerbungsgesuchen zum Erfolg verhelfen könne und ihm eine langfristige Beschäftigung ermöglichen könne. Zudem habe ihm die Beklagte durch die Nicht-Weiterleitung der Bewerbungen die Chance eines erfolgreichen Bewerbungsverfahrens genommen. Überdies habe die Beklagte ihm erst im November 2022 mitgeteilt, dass er sich nur auf Stellen mit Gemeindewahl zu bewerben brauche. Zuvor habe er darauf vertraut, dass die Beklagte ihn bei der Stellensuche unterstützen werde.
Es sei auch nicht mit der Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers vereinbar, ihm als Arbeitnehmer einen Fahrtweg von 1.500 km allein im August zuzumuten, und dafür lediglich 139,30 Euro zu zahlen. Dies widerspreche dem Gedanken des billigen Ermessens. Er habe die Versetzung bisher aus Pflichtgefühl nicht angegriffen, auch, weil ihm die Kosten, die dabei für ihn entstünden, nicht klar gewesen seien. Die Aufbürdung der Fahrtkosten komme effektiv einer Lohnkürzung oder Pönalisierung gleich.
Seine zu berücksichtigende Tätigkeitsstätte bestehe in seinem heimischen Arbeitszimmer (zunächst im Pfarrhaus D und später in der angemieteten Wohnung), weil er nicht dauerhaft an anderer Stelle typischerweise arbeitsvertraglich tätig werde. Dem formalistischen Ansatz der Beklagten, dass das Dekanat rechtlich den Mittelpunkt des Kirchenkreises darstelle und sich daraus die Eigenschaft als erste Tätigkeitsstätte des Klägers ableite, könne nicht gefolgt werden.
Der Kläger beantragt,
  1. die Beklagte zu verpflichten, ihm Reisekostenvergütung nach Maßgabe seiner Anträge vom 1. und 9. August 2022 sowie vom 1. September 2022 zu gewähren, also insgesamt in Höhe von 1.018,85 Euro,
  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund der generellen Dienstanordnung vom 16. Mai 2022 für jeden gefahrenen Kilometer vom Wohnort des Klägers bis zum Einsatzort und zurück für die Wahrnehmung von pfarrlichen Aufgaben die ungekürzte Wegstreckenentschädigung in Höhe von derzeit 0,35 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage vom 27. September 2022 abzuweisen.
Sie trägt vor, der Kläger habe in Kenntnis davon, dass die Fahrtkosten nicht in voller Höhe übernommen werden würden, im Kirchenkreis F wohnen bleiben wollen. Im Rahmen eines Gesprächs am 3. Juni 2022 sei dem Kläger bereits mitgeteilt worden, dass die Fahrtkosten lediglich im Gebiet des Kirchenkreises E abgerechnet werden könnten. Der Dienstauftrag des Klägers in diesem Kirchenkreis resultiere daraus, dass die Vermittlung eines Auftrages in näherer Umgebung zu seinem Wohnort nicht möglich gewesen sei.
Die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten seien weder nach der alten Rechtslage (PfrRKV) noch nach der neuen (Reisekosten-VO) in der vollen Höhe erstattungsfähig. Es handele sich insbesondere nicht um Dienstfahrten im Sinne des § 2 Abs. 1 PfrRKV, weil es sich weder um Fahrten innerhalb eines Kirchenkreises noch um Fahrten mit weniger als 100 km gehandelt habe. Dienstreisen lägen nicht vor, sodass auch eine analoge Anwendung der §§ 7, 5 Abs. 2 PfrRKV ausscheide. Nach der neuen Rechtslage ab dem 1. September 2022 sei auf die Reisekosten-VO in Verbindung mit dem Hessischen Reisekostengesetz (HRKG) abzustellen und die in der Verwaltungsvorschrift hierzu festgelegten Begriffsbestimmungen zugrunde zu legen. Es komme danach darauf an, wo sich der Dienstort bzw. die Dienststätte des Klägers befinde. Dabei könne der Dienstherr die – in einkommenssteuerrechtlicher Terminologie – erste Tätigkeitsstätte festlegen. Die Dienststätte und erste Tätigkeitsstätte des Klägers befinde sich am Sitz des Dekanats in H im Kirchenkreis E, weil bei Verfügungsstellen, deren Dienste im gesamten Kirchenkreis wahrzunehmen seien, grundsätzlich das Dekanat als erste Tätigkeitsstätte angesehen wird, wenn nichts anderes vereinbart werde. Für die Fahrten des Klägers vom Wohnort zur Tätigkeitsstätte sei bereits fraglich, ob diese überhaupt der Erledigung von Dienstgeschäften dienten. Die würden nämlich primär dazu führen, dass der Kläger insoweit seiner dienstlichen Anwesenheitspflicht genüge, womit es sich um private Fahrten handele. Es seien aber jedenfalls schon deshalb keine Dienstreisen, weil sie weder pauschal noch im Einzelfall als Dienstreise genehmigt worden seien.
Eine Erstattung der vom Kläger geltend gemachten Kosten komme auch aus anderen Gesichtspunkten nicht in Betracht. Eine pauschalierte Fahrtkostenerstattung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Reisekosten-VO komme nicht in Betracht, weil es auch hierfür an der Voraussetzung der Dienstreise fehle. Auch die Voraussetzungen für eine Erstattung in besonderen Fällen nach § 8 Reisekosten-VO lägen nicht vor.
Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Kläger ergebe sich nichts anderes. Dies würde voraussetzen, dass die Versagung von Leistungen die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzen würde. Angesichts der weitreichenden Leistungen nach der Reisekosten-VO und ihrem differenzierten System sei es jedoch fernliegend, hiervon auszugehen.
Entgegen der Ansicht des Klägers bestehe auch keine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Pönalisierung. Der Kläger beziehe volle Bezüge auf Grundlage der Besoldungsgruppe A13, während gleichzeitig die Anzahl seiner Einsätze im Kirchenkreis überschaubar seien. Vor dem Hintergrund der vorgelegten Dokumentationen des Klägers zu seinen Einsätzen erscheine auch die Angabe, er fahre wöchentlich 800 km, unplausibel. Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe es durch die Stellenbesetzung in der Hand, ihn mit einer Pfarrstelle in Wohnortnähe zu betrauen, sei unzutreffend. Die bislang erfolgten Bewerbungen des Klägers hätten nicht qualifiziert angegeben, dass und weshalb er das jeweilige Stellenprofil erfülle.
Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung mit Pfarrern und Beamten im Landeskirchenamt rüge, sei die Situation nicht vergleichbar. Die vom Kläger geltend gemachten Fahrten seien nur mit der Fahrt vom jeweiligen Wohnort zum Landeskirchenamt vergleichbar, die aber ebenfalls nicht erstattungsfähig seien.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte des Klägers, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten und des Sitzungsprotokolls vom 13. März 2023 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

A)
Die Klage ist zulässig.
1)
Der kirchliche Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Es handelt sich gem. § 15 Kirchengesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD) – VwGG.EKD – in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Kirchengesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (Kirchenverwaltungsgerichtsgesetz) – KiVwGG – um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art aus dem öffentlichen Kirchenrecht, weil es sich bei dem Dienstverhältnis des Klägers nicht um ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, sondern um ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis handelt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Kirchengesetz zur Regelung der Dienstverhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland [Pfarrdienstgesetz der EKD] – PfDG.EKD –, dem die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck mit Art. 1 des Kirchengesetzes zur Einführung des Pfarrdienstgesetzes der EKD in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck zugestimmt hat) und die streitentscheidenden Normen, hier § 49 Abs. 1 Satz 2 PfDG.EKD in Verbindung mit den gem. § 19 Ausführungsgesetz der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck zum Pfarrdienstgesetz der EKD – AG.EKKW-PfDG.EKD – erlassenen Verordnungen (Verordnung über die Fahrt- und Reisekostenvergütung für Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamte in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck vom 16. Juli 2022 [KABl. S. 232] – Reisekosten-VO – ab dem 1. September 2022 und Verordnung über die Fahrt- und Reisekostenvergütung der Pfarrer und Vikare [Pfarrer-Reisekostenverordnung] vom 14. Dezember 1983 [KABl. 1984 S. 14] – PfrRKV – für die Zeit bis zum 31. August 2022) daher zum öffentlichen Kirchenrecht zählen.
2)
Die Klage ist auch ausnahmsweise trotz fehlenden Vorverfahrens zulässig.
  1. Zwar zählt die Durchführung des Vorverfahrens gem. § 18 Abs. 2 Satz 1 VwGG.EKD, § 8 Abs. 2 KiVwGG für die Klage des Klägers grundsätzlich zu den Sachentscheidungsvoraussetzungen. Nach dieser Vorschrift ist die Klage mit dem Ziel des Erlasses eines Verwaltungsaktes erst zulässig, wenn ein Vorverfahren durchgeführt worden ist.
    Die Erstattung von Reisekosten erfolgt gem. § 2 Reisekosten-VO, § 6 Abs. 1 bzw. § 7 Satz 1 PfrRKV durch kirchlichen Verwaltungsakt. Der Antrag eines Beamten auf Reisekostenvergütung hat den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts zum Ziel, weil er auf die Gewährung einer Geldleistung und nicht unmittelbar auf die Leistung eines Geldbetrages gerichtet ist; der Anspruch auf Reisekostenvergütung lässt sich daher nicht mit einer auf Zahlung bezogenen allgemeinen Leistungsklage, sondern nur mit einer Verpflichtungsklage geltend machen (Sodan, in: ders./Ziekow [Hg.], NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 VwGO, Rn. 153; vgl. auch bereits BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1966 – VIII C 42.63 –, BVerwGE 24, 253–260, juris Ls. 2).
  2. Der Kläger hat kein Vorverfahren durchgeführt.
    Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs (§ 18 Abs. 2 Satz 3 VwGG.EKD). Der Widerspruch ist gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 KiVwGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung bei der Stelle schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen, die die angegriffene Entscheidung getroffen hat.
    Der Kläger hat weder durch die E-Mail vom 9. August 2022 (Anl. K4) noch später, etwa durch den Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 19. August 2022 (Anl. K6) Widerspruch eingelegt.
    Die E-Mail vom 9. August 2022 entspricht nicht dem Schriftformerfordernis. Mangels eigenhändiger Unterschrift und hinreichender sicherer Identifizierbarkeit des Absenders genügt eine einfache E-Mail hierzu nicht (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Oktober 2022 – 4 LB 4/20 –, juris Rn. 46; Bay. VGH, Beschluss vom 4. Dezember 2019 – 7 B 18.1945 –, juris Rn. 23). Sie erfüllt mangels qualifizierter elektronischer Signatur auch nicht die Voraussetzung der elektronischen Form (§ 65 VwGG.EKD i. V. m. § 70 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i. V. m. § 3a Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – i. V. m. Art. 28 und Anhang I VO (EU) 910/2014 – eIDAS-Verordnung –), sodass zum einen offenbleiben kann, ob angesichts des klaren Wortlauts des § 8 Abs. 2 Satz 1 KiVwGG Raum für die ergänzende Heranziehung der staatlichen Regelung in § 70 VwGO bleibt und zum anderen ebenfalls offen bleiben kann, ob die für kirchliche Verwaltungsverfahren vorgesehene Eröffnung der elektronischen Kommunikation in § 2 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrens- und zustellungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland – VVZG-EKD – in Verbindung mit § 1 des Kirchengesetzes über die Zustimmung zum Verwaltungsverfahrens- und -zustellungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (VVZG-EKD) auch für das Vorverfahren nach § 18 VwGG.EKD gilt. Hinzu kommt, dass die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck – soweit ersichtlich – noch keine Regelungen über die Anforderung der elektronischen Form getroffen und daher einen elektronischen Zugang gem. § 2 Abs. 1 VVZG-EKD noch nicht eröffnet hat.
    Das Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 19. August 2022 ist ersichtlich nicht auf den Widerspruch gegen die vorherige Entscheidung über die Erstattung von Dienstreisen gerichtet, sondern auf Zahlung eines vom Kläger vorgegebenen Betrages (628,60 Euro, vgl. S. 2 des Schreibens). Damit fehlt es an einem dem Schreiben zu entnehmenden Verlangen, den begehrten Verwaltungsakt inhaltlich zu überprüfen und mit dem vom Kläger gewünschten Inhalt zu erlassen.
  3. Die Klage ist jedoch ausnahmsweise ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig. Dies ist – für das staatliche Recht – in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus Gründen der Prozessökonomie und in Einklang mit dem Regelungszweck des § 68 VwGO über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus regelmäßig dann der Fall, wenn sich der Beklagte auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt hat. Entscheidend ist dabei, ob dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder sich sein Zweck ohnehin nicht mehr erreichen lässt (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23/17 –, juris Rn. 11).
    Diese Grundsätze gelten auch für das kirchliche Gerichtsverfahren. Auch hier dient das Vorverfahren im Wesentlichen der verwaltungsinternen Nachprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns (vgl. § 68 VwGO). Bereits die Verwendung des aus dem staatlichen Recht bekannten Begriff des Vorverfahrens in § 18 Abs. 2 Satz 1 VwGG.EKD sowie des Widerspruchs in § 18 Abs. 2 Satz 3 VwGG.EKD zeigt, dass eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem staatlichen Recht hier nicht nur zufällig, sondern beabsichtigt ist (vgl. zu den parallelen zwischen kirchlichem und staatlichem Verfahrensrecht auch Germann, in: Anke/de Wall/Heinig [Hg.], Handbuch des evangelischen Kirchenrechts, 2016, S. 1120).
    Die Beklagte hat sich sachlich auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt. Dem Zweck des Vorverfahrens einer erneuten, verwaltungsinternen inhaltlichen Prüfung der Entscheidung ist damit Rechnung getragen worden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach der Entscheidung durch den Kirchenkreis sich nunmehr das Landeskirchenamt, das gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KiVwGG für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig gewesen wäre, geäußert hat.
3)
Die Klage ist auch gegen den richtigen Klagegegner gerichtet. Gem. § 22a Abs. 1 VwGG.EKD ist die Klage gegen die juristische Person zu richten, die den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
Zwar hat der Kläger die Reisekostenerstattung ursprünglich beim Dekan des Kirchenkreises E beantragt (E-Mail vom 1. August 2022, Anl. K 3). Gleichwohl ist nach § 10 Abs. 2 Reisekosten-VO, § 8 Abs. 2 Satz 2 PfrRKV i. V. m. § 20 Abs. 1 Hessisches Reisekostengesetz – HRKG – die Beschäftigungsbehörde für die Reisekostenerstattung zuständig.
Es kann offen bleiben, wer im Fall eines Gemeindepfarrers reisenkostenrechtlich Beschäftigungsbehörde in diesem Sinn ist. Die Regelung des § 6 Reisekosten-VO legt die Annahme nahe, dass es sich (auch) in diesen Fällen um das Landeskirchenamt handelt.
Jedenfalls im Fall des Klägers, dem eine landeskirchliche Verfügungsstelle übertragen wurde, ist das Landeskirchenamt Beschäftigungsbehörde und damit die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck richtiger Klagegegner.
4)
Der Kläger hat mit der am 27. September 2022 erhobenen Klage auch die Klagefrist gewahrt, die mangels Rechtsbehelfsbelehrung gem. § 21 Abs. 2 VwGG.EKD nicht zu laufen begann.
5)
Soweit die Klage auf Feststellung gerichtet ist, ergibt sich das gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 VwGG.EKD erforderliche Feststellungsinteresse aus der im Zeitpunkt der Klageerhebung bestehenden Wiederholungsgefahr, die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch hinsichtlich der für vom Kläger für die Monate Oktober bis Dezember beantragten Fahrtkostenerstattung auswirkt.
B)
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Ablehnung einer höheren Fahrtkostenerstattung durch die Beklagte bzw. den Kirchenkreis E erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 65 VwGG.EKD i. V. m. § 113 Abs. 5 VwGO).
1)
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung von Fahrtkosten für die Fahrten von der Wohnung bis zur Kirchenkreisgrenze.
  1. Ein solcher ergibt sich für die Zeit bis zum 31. August 2022 nicht aus § 2 PfrRKV. Bei den vom Kläger beantragten Fahrten im Juli 2022 (Anl. K 2) und im August 2022 (Anl. K 8) handelt es sich weder um Dienstfahrten (§ 2 Abs. 1 PfrRKV) noch um Dienstreisen (§ 2 Abs. 2 PfrRKV).
    Dienstfahrten nach dieser Vorschrift sind notwendige Fahrten oder Gänge zur Erfüllung des dienstlichen Auftrages, die nicht länger als einen Tag (ohne Übernachtung) dauern und entweder innerhalb des Kirchenkreises durchgeführt werden oder insgesamt 100 km nicht übersteigen. Der Kläger hat selbst angegeben, dass die Fahrten regelmäßig mehr als 100 km betragen (E-Mail vom 1. August 2022, Anl. K 3) und teilweise außerhalb des Kirchenkreis stattfinden.
    Dienstreisen sind andere notwendige Fahrten außerhalb des Dienstortes zur Erledigung von Dienstgeschäften, die gem. § 3 Abs. 2 PfrRKV der vorausgehenden Genehmigung oder Anordnung bedürfen. Gem. § 3 Abs. 5 Satz 2 PfrRKV ist für die Genehmigung oder Anordnung für die Pfarrer auf einer landeskirchlichen Verfügungsstelle das Landeskirchenamt zuständig. Die geltend gemachten Fahrten des Klägers sind nicht durch das Landeskirchenamt genehmigt worden. Es kann daher offen bleiben, ob eine Genehmigung in Betracht gekommen wäre. Nach der Konzeption der PfrRKV, die zwischen Dienstfahrten und Dienstorten unterscheidet und die regelmäßigen, im Rahmen der Erledigung der täglichen Amtsgeschäfte der Pfarrer, anfallenden Fahrten den Dienstfahrten unterfallen lässt, ist die Genehmigungsfähigkeit jedenfalls nicht naheliegend.
    Eine analoge Anwendung der Vorschriften auf den Kläger scheidet aus. Es fehlt bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke. Denn die PfrRKV regelt an keiner Stelle Sachverhalte, die die Anreise von der eigenen Wohnung zu einer Dienststelle betreffen. Insbesondere § 2 Abs. 2 PfrRKV zeigt, dass Dienstreisen erst vom Dienstort aus angetreten werden können. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf eine vergleichbare Interessenlage mit Pfarrern im Gemeindepfarrdienst hinweist, könnte allein eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 1 PfrRKV in Betracht kommen. Dies kann jedoch offen bleiben, weil sich im Fall des Klägers hieraus jedenfalls keine höhere Erstattung von Fahrtkosten ergeben würde. Denn aus einer analogen Anwendung könnte sich allein ergeben, im Fall des Klägers statt auf die Begriffe „Kirchspiel“ oder „Kirchengemeinde“ auf den Kirchenkreis abzustellen. Die Fahrten des Klägers innerhalb des Kirchenkreises wurden jedoch bereits vollumfänglich ersetzt, sodass für die Zuweisung einer darüber hinausgehenden Pauschale kein Raum verbleibt.
    Entgegen der klägerischen Auffassung ist auch nur auf den Kirchenkreis als relevanten örtlichen Bezug abzustellen, nicht auf das Gebiet der gesamten Landeskirche. Denn der Kläger war zwar Inhaber einer landeskirchlichen Verfügungsstelle, sein Dienstauftrag wurde jedoch mit Verfügung vom 16. Mai 2022 auf das Gebiet des Kirchenkreises E konkretisiert.
  2. Auch für die Zeit ab dem 1. September 2022 ist kein solcher Anspruch gegeben. Zwar hat der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten für dienstlich veranlasste Fahrten innerhalb seines Dienstauftrages. Allerdings beginnt die Fahrtkostenerstattung im Fall des Klägers erst ab Kirchenkreisgrenze.
    aa)
    Der Kläger hat grundsätzlich Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten für dienstlich veranlasste Fahrten innerhalb seines Dienstauftrages aus § 2 Reisekosten-VO. Die Fahrten zu Trauergesprächen, Dienstgesprächen im Dekanat, Beerdigungen, Pfarrkonferenzen, Gottesdiensten und Kirchenvorstandssitzungen dienen der Erledigung von Dienstgeschäften (§ 3 Abs. 1 Reisekosten-VO). Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht aus dienstlichen Gründen notwendig sind oder alternativ über digitale Formate hätten wahrgenommen werden können (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Reisekosten-VO), bestehen nicht.
    bb)
    Dem Kläger sind Fahrtkosten innerhalb seines Dienstortes zu erstatten. Die Fahrt von der Wohnung zum Dienstort zählt nicht zu den erstattungsfähigen Reisekosten.
    (1)
    Dienstort des Klägers ist im Zeitraum von September 2022 bis Dezember 2022 der Kirchenkreis E.
    Dienstort ist bei einem Pfarrer, der eine Springerstelle im Kirchenkreis innehat oder – wie hier – im Rahmen einer landeskirchlichen Verfügungsstelle einen Dienstleistungsauftrag für Dienste in einem Kirchenkreis wahrnimmt, nicht der jeweilige konkrete Einsatzort. Zwar können etwa nach der Rechtsprechung des Hess. Finanzgerichts auch wechselnde Betriebsstätten im Rahmen einer Springerstelle (hier die verschiedenen Kindertagesstätten einer Stadt für eine als Springerin beschäftigte Erzieherin) jeweils regelmäßige Arbeitsstätte sein, mit der Konsequenz, dass die jeweilige Fahrt dorthin als Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu qualifizieren ist (FG Hessen, Urteil vom 27.03.2008 – 1 K 1104/07 –, juris).
    Im Pfarrdienst liegen die Verhältnisse jedoch anders. Denn soweit Kasualiengespräche bei den betreffenden Gemeindegliedern zuhause durchgeführt werden, fehlt es an einem vom Dienstherrn bestimmten Dienstort, weil jedenfalls kein regelmäßiger Dienst dort versehen wird.
    Reisekostenrechtlich ist Dienstort bei einem Pfarrer, der eine Springerstelle im Kirchenkreis innehat, der betreffende Kirchenkreis. Diese Auslegung ergibt sich aus der Zusammenschau der Regelungen in der Reisekosten-VO. Denn gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 Reisekosten-VO bedürfen Dienstreisen außerhalb des Dienstortes der Genehmigung. Dienstort ist damit grundsätzlich der jeweils zugewiesene Zuständigkeitsbereich. Dies zeigt bereits der Vergleich mit Gemeindepfarrern bzw. Pfarrern in Gemeinden, die pfarramtlich verbunden sind (Kirchspiel, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck – GO –). Denn bei ihnen gelten einerseits gem. § 4 Abs. 2 Hs. 1 Reisekosten-VO die Dienstreisen innerhalb ihres Kirchenkreises als genehmigt, woraus folgt, dass andere Gemeinden im Kirchenkreis nicht bereits zu den genehmigungsfreien Dienstreisen am Dienstort (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Reisekosten-VO) zählen. Andererseits erhalten sie für Dienstreisen innerhalb ihres Kirchspiels bzw. ihrer Kirchengemeinde eine pauschalierte Wegstreckenentschädigung (Fahrtkostenpauschale gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Reisekosten-VO), woraus folgt, dass auch die Reisekosten-VO diese Fahrten als Dienstreisen bewertet. Im systematischen Zusammenhang zu § 4 Abs. 2 Hs. 1 Reisekosten-VO folgt hieraus, dass sich der Dienstort des Gemeindepfarrers auf die Gemeinde bzw. das Kirchspiel erstreckt.
    Für einen Pfarrer mit einem den gesamten Kirchenkreis betreffenden Auftrag gilt diese Regelung daher entsprechend, wobei an die Stelle des Gemeindegebiets bzw. der Gemeindegebiete das Gebiet des Kirchenkreises tritt. Diese Auslegung wird durch § 4 Abs. 1 Satz 1 Reisekosten-VO gestützt. Dass die jeweiligen Fahrten eines Pfarrers mit einem den gesamten Kirchenkreis betreffenden Auftrag zu Kasualiengesprächen im Einzelfall oder generell der Genehmigung bedürften, wäre mit dem Dienstauftrag, der diese Fahrten gerade im Kernbereich umfasst, nicht vereinbar.
    Soweit die Beklagte zur Auslegung des Begriffs auf die Verwaltungsvorschrift zum HRKG sowie den Begriff der ersten Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 des Einkommenssteuergesetzes – EStG – verweist und daraus den Schluss zieht, beim Dienstort eines Pfarrers mit einer Verfügungsstelle, bei der Dienste im ganzen Kirchenkreis wahrzunehmen sind, handele es sich um den Dienstsitz des Dekans (S. 6 d. Schriftsatzes vom 14. November 2022), ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Diese Auffassung würde die strukturellen Unterschiede zwischen allgemeinem Beamtenrecht und dem Pfarrerdienstrecht verkennen, die gerade darin bestehen, dass etwa ein Gemeindepfarrer seine Tätigkeit nicht nur an einem Schreibtisch in einer Behörde wahrnimmt, sondern seine seelsorgerische Tätigkeit ihren Schwerpunkt gerade auch im Besuch von Gemeindegliedern in ihren jeweiligen Wohnungen findet und die Dienste eines Pfarrers mit einer den gesamten Kirchenkreis betreffenden Verfügungsstelle ähnlich wie bei dem Inhaber einer Kirchenkreisspringerstelle damit vergleichbar sind. Damit erstreckt sich die Tätigkeit typischerweise auf das gesamte jeweilige Zuständigkeitsgebiet.
    Die hier getroffene Auslegung des Begriffs des Dienstortes steht auch nicht in einem Wertungswiderspruch zu einkommenssteuerrechtlichen Regelungen. Zwar muss es sich bei der ersten Tätigkeitsstätte grundsätzlich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handeln (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG). Allerdings kennt auch das Steuerrecht weiträumige Tätigkeitsgebiete (vgl. das Schreiben betr. steuerliche Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern vom 25. November 2020 – BMF IV C 5 - S 2353/19/10011:006; DOK 2020/1229128 –, BStBl. I S. 1228, Rn. 41ff.). Die Entfernungspauschale wird in diesen Fällen für Fahrten von der Wohnung bis zur Grenze des Tätigkeitsgebietes gewährt.
    Vor diesem Hintergrund erweist sich die bisher ab Kirchenkreisgrenze gewährte Fahrtkostenerstattung auch als rechtmäßig und ist nicht auf die Fahrtstrecke von H bis zu den jeweiligen Einsatzorten zu reduzieren.
    (2)
    Die Fahrtkosten des Klägers bis zur Kirchenkreisgrenze gehören zu den Kosten der allgemeinen Lebensführung, die reisekostenrechtlich nicht erstattungsfähig sind.
    Zu den reisekostenrechtlichen Grundsätzen des staatlichen Beamtenrechts, die insoweit gem. § 10 Abs. 2 Reisekosten-VO übertragbar sind, zählt der Grundsatz, dass dem Beamten durch die Dienstreise keine wirtschaftlichen Nachteile, aber auch keine besonderen Vorteile entstehen. Daher umfasst die Reisekostenvergütung nur diejenigen Aufwendungen, die der Beamte ohne die Dienstreise nicht gehabt hätte. Die Kosten der allgemeinen Lebensführung muss der Beamte aus seinen Dienstbezügen bestreiten (VG Regensburg, Urteil vom 5. Oktober 2009 – RN 8 K 09.1068 – juris Rn. 16; der hier zum bayerischen Recht aufgestellte allgemeine Grundsatz hat in § 6 Abs. 5 HRKG für die Fahrtkosten eine spezielle Ausprägung gefunden).
    Die Fahrtkosten des Pfarrers von der Wohnung zum Dienstort gehören zu den Kosten der allgemeinen Lebensführung.
    Eine Ausnahme hiervon mag anzunehmen sein, wenn der Dienstherr gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 oder § 38 Abs. 2 Satz 2 PfDG.EKD) den Bezug einer vom Dienstort abweichenden Dienstwohnung anordnen würde. Dies ist beim Kläger jedoch nicht der Fall. Der Kläger wurde bereits mit der Verfügung vom 17. Februar 2022 (Bl. G5 d. PA) aufgefordert, aus der Dienstwohnung auszuziehen.
    cc)
    Keine andere Wertung rechtfertigt der Vortrag des Klägers, weil seine persönliche Zukunft ungewiss gewesen sei, habe er keine ortsnähere Wohnung suchen können, sondern damit bis zu einer dauerhaften Stellenzuweisung warten dürfen. Dieser Vortrag ändert weder die Einordnung des Kirchenkreises E als Dienstort noch die Zuordnung der Fahrten des Klägers dorthin in den Bereich der allgemeinen Lebensführung.
2)
Eine Erstattung über die nach § 49 PfDG.EKD i. V. m. der Reisekosten-VO bzw. PfrRKV vorgesehenen Fälle hinaus für dienstlich veranlasste Fahrten aus Fürsorgegesichtspunkten (§ 47 PfDG.EKD) oder aus der allgemeinen Unterhaltspflicht (§ 49 PfDG.EKD) kommt nicht in Betracht.
  1. Aus den insoweit nach § 10 Abs. 2 Reisekosten-VO übertragbaren Grundsätzen des allgemeinen Beamtenrechts ergibt sich, dass die allgemeine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht als Anspruchsgrundlage nur zur Anwendung kommen kann, wenn und soweit dem für einen infrage stehenden Teilbereich der Fürsorge keine Sperrwirkung infolge einer Sonderregelung entgegensteht, die von Gesetzes wegen ausdrücklich als abschließend ausgewiesen ist oder in diesem Sinne interpretiert werden muss (vgl. Schnellenbach, in: ders./Bodanowitz [Hg.], Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl. 2020, § 10 Fürsorge- und Schutzpflicht des Dienstherrn Rn. 7). Dies gilt für das Reisekostenrecht, das grundsätzlich abschließend die Ansprüche von Beamten bei Dienstreisen regelt (vgl. VG Kassel, Urteil vom 3. Mai 2022 – 1 K 2080/21.KS –, juris Rn. 29; auch BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1966 – VIII C 42.63 –, BVerwGE 24, 253–260).
    Nach diesen Grundsätzen entfaltet auch die nach § 49 PfDG.EKD, § 19 AG.EKKW-PfDG.EKD erlassene Reisekosten-VO bzw. PfrRKV für den Bereich der dienstlich veranlassten Fahrtkosten Sperrwirkung.
  2. Das Gericht vermag aber auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht der Beklagten nicht zu erkennen. Der Kläger stellte am 16. Februar 2022 den Antrag, sofort aus der Pfarrstelle D versetzt zu werden und wurde auf diesen Antrag, mithin auf seinen eigenen Wunsch hin, auf die landeskirchliche Verfügungsstelle versetzt. Die Beklagte alimentiert den Kläger weiterhin aus den Bezügen der Besoldungsgruppe A13, obwohl der Kläger ausweislich seiner Stundennachweise jedenfalls nicht Pfarrdienst im Umfang einer vollen Pfarrstelle versieht. Zudem hat der Kläger zwar in den Monaten Juli und August 2022 jeweils etwa 1900 bzw. 1200 km bis zur Kirchenkreisgrenze zurückgelegt (nach oben gerundete Differenz der beantragten zu den erstatteten Kilometern). Vergleicht man diese Kilometer mit einer täglichen Fahrt zu einer Arbeitsstelle, entspricht dies – bei etwa 20 Arbeitstagen im Monat – im Juli einer täglichen Fahrtstrecke von 95 km oder einer einfachen Entfernung von 47,5 km im Juli und 60 Kilometer bzw. 30 Kilometer einfache Strecke im August. Soweit der Kläger daher auf die Vergleichbarkeit seiner Situation mit der eines Beamten im Landeskirchenamts (S. 5 der Klageschrift) hinweist, ist nicht ersichtlich, dass eine Fahrtstrecke von 47,5 km oder 30 km vom Wohnort zum Dienstort nach Kassel für ein solches Dienstverhältnis ungewöhnlich oder unzumutbar wäre.
3)
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 60 Abs. 1 VwGG.EKD.