.

Visitationsordnung

vom 8. September 1997

KABl. 1998 S. 57

Die Visitation ist Ausdruck gesamtkirchlicher Verantwortung. Sie findet in Form des Gemeindekonvents und des Pfarrkonvents statt. Sie ist am Gesichtspunkt der Beratung orientiert. Eine weitere Gestalt der Visitation stellt der Kirchenkreisbesuch des Bischofs dar, der keiner besonderen Ordnung bedarf.
#

A. Ordnung des Gemeindekonvents

#

I. Allgemeines

1.
Der Gemeindekonvent ist die gemeindebezogene Form der Visitation.
2.1
Der Gemeindekonvent bezieht sich in der Regel auf eine Kirchengemeinde oder ein Kirchspiel.
2.2
Gemeinden, die eng zusammenarbeiten, können einen gemeinsamen Gemeindekonvent halten.
2.3
Der Gemeindekonvent kann sich auch auf Dienste und Einrichtungen kirchlicher und diakonischer Rechtsträger beziehen. In diesen Fällen tritt in den nachfolgenden Regelungen das zuständige Leitungsorgan an die Stelle des Kirchenvorstands.
3.1
In jedem Kirchenkreis findet mindestens einmal jährlich ein Gemeindekonvent statt.
3.2
Der Dekan oder die Dekanin gibt der Kreissynode und dem Propst oder der Pröpstin frühzeitig die geplanten Gemeindekonvente bekannt.
3.3
Ferner können die unter 2 genannten Kirchengemeinden, Dienste und Einrichtungen einen Gemeindekonvent beantragen, um auf besondere Schwerpunkte oder Problemlagen ihrer Arbeit aufmerksam zu machen.
#

II. Ziele und Aufgaben

  1. Der Gemeindekonvent dient der Stärkung der Gemeinden und unterstützt Kirchenvorstände sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Erfüllung ihres Auftrages in Gottesdienst, Unterricht und Seelsorge.
  2. Der Gemeindekonvent verhilft den Gemeinden zu einer Standortbestimmung. Er regt an, das Profil einer Gemeinde nachzuzeichnen, ihre Probleme zu benennen und Perspektiven für die Weiterentwicklung der Gemeindearbeit zu entwerfen.
  3. Der Gemeindekonvent stärkt die Wahrnehmung der missionarischen, diakonischen und ökumenischen Verantwortung auch über die eigene Gemeinde hinaus.
  4. Der Gemeindekonvent bringt die Verbundenheit der Gemeinden untereinander zum Ausdruck und vertieft so das Bewusstsein für die Einheit der Kirche.
#

III. Die Besuchskommission

  1. Dem Gemeindekonvent steht eine Kommission vor. Ihr gehören an:
    1. Der Dekan oder die Dekanin,
    2. ein Laienmitglied des Kirchenkreisvorstandes,
    3. ein geistliches Mitglied aus dem Kirchenkreis,
    4. ein Laienmitglied der Kreissynode,
    5. ein weiteres Laienmitglied, das ehren oder nebenamtlich in dem Kirchenkreis tätig ist.
    Die Mitglieder nach c - e und zwei sie vertretende Mitglieder werden für die Dauer einer Wahlperiode von der Kreissynode berufen.
    Der Dekan oder die Dekanin ist Vorsitzender der Besuchskommission.
  2. Der Kirchenkreisvorstand kann weitere Mitglieder in die Besuchskommission berufen, wenn dies der Schwerpunkt eines Gemeindekonvents sachlich nahelegt.
  3. Die Bestimmung von Art. 121 Abs. 3 GO bleibt unberührt
#

IV. Vorbereitung und Durchführung

  1. Konkrete Ziele und Inhalte eines Gemeindekonvents werden rechtzeitig zwischen der Kommission, dem Kirchenvorstand, den Mitarbeitern, dem Pfarrer oder der Pfarrerin und dem Propst oder der Pröpstin festgelegt. Die Dauer des Gemeindekonvents richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten und nach den vorgesehenen Schwerpunkten.
  2. Zur Vorbereitung des Gemeindekonvents wird vom Kirchenvorstand unter Beteiligung der haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter ein in der Regel schriftlicher Gemeindebericht vorgelegt.
  3. Zum Gemeindekonvent gehören:
    1. ein Gottesdienst,
    2. eine Gemeindeversammlung (nach Art. 42 GO) oder eine Gemeindeveranstaltung,
    3. Beratungen.
  4. Bei den Beratungen während des Gemeindekonvents wird insbesondere auch den nicht theologischen Mitgliedern der Besuchskommission Gelegenheit gegeben, Gespräche mit Kirchenvorstehern und Mitarbeitern zu führen und Gemeindekreise zu besuchen.
  5. Der Gemeindekonvent ist in geeigneter Weise rechtzeitig bekannt zu geben. Er ist öffentlich, sofern gesetzliche Bestimmungen oder besondere Gründe dem im Einzelfall nicht entgegenstehen.
  6. An der Öffentlichkeitsarbeit vor, während und nach dem Gemeindekonvent ist i. d. R. der Informationsbeauftragte des Kirchenkreises zu beteiligen.
  7. Die Kosten für die Fahrt werden von der Kirchenkreiskasse getragen.
#

V. Abschluss und Auswertung

  1. Die Kommission erstellt einen Bericht für den Kirchenvorstand. Eine Kopie davon erhält der Propst oder die Pröpstin. Der Bericht wird insgesamt oder in Auszügen der Mitarbeiterschaft zur Verfügung gestellt, insbesondere soweit sie davon betroffen ist.
  2. Der Kommissionsbericht ist vom Kirchenvorstand zu erörtern. Der Kirchenvorstand hat hierbei festzustellen, welche Folgerungen sich für seine Arbeit und für das Gemeindeleben aus dem Gemeindekonvent ergeben. Diese Feststellungen sind dem Vorsitzenden der Besuchskommission mitzuteilen.
  3. Die Kommission führt durch in der Regel eines ihrer Mitglieder ein Nachgespräch mit dem Kirchenvorstand und, soweit geboten, den Mitarbeitern. Bei Gesprächen mit Mitarbeitern sind Zuständigkeiten und Weisungsbefugnisse des Kirchenvorstands zu wahren.
  4. Der Kirchenvorstand teilt der Gemeinde die Ergebnisse des Gemeindekonvents in geeigneter Weise mit.
#

B. Ordnung des Pfarrkonvents

#

I. Allgemeines

  1. Der Pfarrkonvent ist die auf den Dienst des Pfarrers oder der Pfarrerin und der Pfarrkonferenz bezogene Form der Visitation im Kirchenkreis.
    Die Mitwirkungsrechte des Pfarrkonvents
    1. vor der Abberufung eines Dekans oder einer Dekanin (Art. 82 GO),
    2. vor der Einleitung eines Lehrzuchtverfahrens gegen einen Geistlichen im Kirchenkreis (Art. 50 GO),
    3. vor der Versetzung eines Geistlichen (Art. 56 GO)
    bleiben unberührt.
  2. Der Pfarrkonvent erfolgt unabhängig vom Gemeindekonvent. Er wird vom zuständigen Pfarrer oder der zuständigen Pfarrerin gehalten. In jedem Kirchenkreis findet er mindestens einmal jährlich statt.
  3. Der Pfarrkonvent wird durch den Dekan oder die Dekanin oder deren Stellvertreter oder Stellvertreterin im Amt einberufen und geleitet. Wenn der Pfarrkonvent bei einem Dekan oder einer Dekanin gehalten wird, wird der Pfarrkonvent durch den Propst oder die Pröpstin einberufen und geleitet.
  4. Ein außerordentlicher Pfarrkonvent ist bei Bedarf oder auf schriftlichen Antrag der Hälfte der Mitglieder einzuberufen.
  5. Der Bischof kann die Einberufung des Pfarrkonvents verlangen.
  6. Die Einladung mit Tagesordnung ist spätestens drei Wochen vor dem Termin den Mitgliedern des Pfarrkonvents zu übersenden.
  7. Die Kosten für die Fahrt werden von der Kirchenkreiskasse getragen. Verpflegungsauslagen bei Pfarrkonventen können von der Kirchenkreiskasse übernommen werden.
#

II. Mitgliedschaft und Teilnahme

  1. Mitglieder des Pfarrkonvents sind laut Artikel 49 der Grundordnung alle Pfarrer und Pfarrerinnen, die ein Gemeindepfarramt im Bereich des Kirchenkreises innehaben oder verwalten, alle Pfarrer und Pfarrerinnen der Landeskirche sowie die Kirchenkreispfarrer, die dem Pfarrkonvent zugewiesen sind.
  2. In den Pfarrkonvent neu eingetretene Mitglieder werden bei ihrer ersten Teilnahme vom Leiter in den Konvent aufgenommen und auf die Ordnung des Pfarrkonvents verpflichtet.
  3. Die Teilnahme an den Pfarrkonventen ist dienstliche Pflicht. Die vorläufige Enthebung vom Amt schließt von der Teilnahme an Pfarrkonventen aus.
  4. Vikare und Vikarinnen nehmen gastweise an den Pfarrkonventen teil. Es können auch andere Gäste zu den Sitzungen hinzugezogen werden, wenn und soweit die Mehrheit der anwesenden Mitglieder damit einverstanden ist. Sie sind auf die Verpflichtung zur Verschwiegenheit hinzuweisen. An Verhandlungen über persönliche und seelsorgerliche Fragen können Nichtmitglieder nur teilnehmen, wenn alle anwesenden Mitglieder des Konvents damit einverstanden sind.
  5. Der Bischof, der Propst oder die Pröpstin und beauftragte Mitglieder des Landeskirchenamtes können jederzeit an der Sitzung des Pfarrkonvents teilnehmen.
  6. Über die Verhandlungen der Pfarrkonvente besteht die Pflicht zur Verschwiegenheit.
#

III. Ziele und Aufgaben

  1. Der Pfarrkonvent dient der Vertiefung der Gemeinschaft unter den Brüdern und Schwestern im Amt. Diese Gemeinschaft erwächst aus der Sammlung um Wort und Sakrament, sie kommt zum Ausdruck im gemeinsamen Dienst und in der Fürbitte. Der Pfarrkonvent fördert die theologische Arbeit und Reflexion der heutigen Lebenswelt sowie die Wahrnehmung übergemeindlicher Verantwortung und die Zusammenarbeit der Pfarrer und Pfarrerinnen.
  2. Die geschwisterliche Gemeinschaft verpflichtet die Mitglieder des Pfarrkonvents, sich gegenseitig mit geistlichem Zuspruch zu dienen und mit Rat und Mahnung zu unterstützen.
  3. Der Pfarrkonvent ist der Ort, Unstimmigkeiten zwischen Mitgliedern des Pfarrkonvents, die in Einzelgesprächen nicht ausgeräumt werden konnten, sowie Auswirkungen von Pflichtverletzungen, die Mitglieder des Pfarrkonvents beschweren, anzusprechen. In der Einladung zum Pfarrkonvent ist durch Aufnahme eines ständigen Tagesordnungspunktes auf diese Aufgabe hinzuweisen. Geht es um Unstimmigkeiten zwischen dem Leiter und Mitglieder, des Pfarrkonvents, so trifft der Bischof oder der von ihm beauftragte Propst oder die von ihm beauftragte Pröpstin die erforderlichen Anordnungen.
#

IV. Vorbereitung und Durchführung

  1. Zu einem ordentlichen Pfarrkonvent gehören Gespräche über den Gottesdienst, die katechetische Arbeit und den Arbeitsbericht des Pfarrers oder der Pfarrerin. Weitere Beratungsfelder können zwischen Konventshalter und Konventsleiter abgesprochen werden,
  2. Den Gottesdienst übernimmt der Konventshalter; er predigt über den mit dem Konventsleiter vereinbarten Predigttext. Predigt und Gottesdienstentwurf werden zuvor dem Konventsleiter vorgelegt.
  3. Der Konventsleiter oder ein von ihm beauftragter Vertreter sowie zwei weitere von ihm benannte Mitglieder des Pfarrkonvents besuchen eine Unterrichtseinheit oder eine gemeindepädagogische Veranstaltung des Konventshalters. Es findet ein Gespräch über die katechetische Arbeit des Konventshalters statt. Die Gesprächsergebnisse werden den Mitgliedern des Pfarrkonvents mitgeteilt.
  4. Der Konventshalter legt einen schriftlichen Arbeitsbericht vor, der im Pfarrkonvent beraten wird.
  5. Der Konventsleiter beauftragt ein Mitglied des Pfarrkonvents mit der Anfertigung eines Protokolls, welches das Ergebnis der Verhandlungen enthält.
  6. Gottesdienstentwurf und Predigt, der katechetische Entwurf und der Arbeitsbericht des Konventshalters sind mit dem Konventsprotokoll im Dekanat zu archivieren. Je eine Kopie des Protokolls und des Arbeitsberichts erhalten der Bischof und der Konventshalter. Der zuständige Propst oder die zuständige Pröpstin führt in der Regel mit dem Konventshalter ein Nachgespräch und erteilt im Auftrag des Bischofs dem Konventshalter in angemessener Frist einen Bescheid.
Die vorstehende Ordnung tritt am Tage nach Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft.