.

Richtlinie für die Ausbildung zum Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten

vom 17. November 2020

KABl. 2020 S. 210

Das Landeskirchenamt hat aufgrund von § 4 Absatz 2 Satz 2 des Kirchengesetzes über den Dienst der Prädikanten folgende Richtlinie beschlossen:
###

I. Allgemeines

#

§ 1

Diese Richtlinie gilt für die Ausbildung der Gemeindeglieder, die für die Berufung zur Prädikantin oder zum Prädikanten vorgeschlagen und gemäß § 4 Absatz 1 des Kirchengesetzes über den Dienst der Prädikanten der Bischöfin oder dem Bischof zu einer Vorbereitungszeit zugelassen worden sind (Prädikantin oder Prädikant in der Vorbereitungszeit).
#

§ 2

( 1 ) Die Ausbildung dient dazu, dem vorgeschlagenen Gemeindeglied die zur Ausübung des Dienstes der Prädikantinnen und Prädikanten erforderlichen Kenntnisse und Kompetenzen zu vermitteln und es zur freien Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung sowie zur Seelsorge gemäß den Ordnungen der Kirche zu befähigen.
( 2 ) Die Ausbildung im Studienseminar und in der Gemeinde erfolgt in zwei Stufen: ein Grundmodul widmet sich dem Handlungsfeld Gottesdienst mit den Schwerpunkten ‚Freie Wortverkündigung‘ und ‚Abendmahl‘, ein Aufbaumodul den Handlungsfeldern ‚Taufe‘, ‚Trauung‘ und ‚Bestattung‘. Beide Module fördern die theologische, kommunikative und spirituelle Kompetenz der Prädikantin oder des Prädikanten in der Vorbereitungszeit.
#

II. Grundmodul

#

§ 3

( 1 ) Das Grundmodul umfasst in der Regel einen Zeitraum von 15 Monaten.
( 2 ) Die Vorbereitungszeit im Grundmodul kann von der Bischöfin oder dem Bischof im Einzelfall nach Anhörung des Studienseminars, der Mentorin oder des Mentors sowie der Prädikantin oder des Prädikanten verlängert werden.
#

§ 4

( 1 ) Das Grundmodul beginnt mit einer Einführungswoche.
( 2 ) Zum Grundmodul gehört die Teilnahme an fünf Wochenendkollegs und zwei Studientagen.
( 3 ) Zu Beginn des Ausbildungskurses können weitere Studientage vereinbart werden.
( 4 ) Zur Ausbildung im Grundmodul gehören der Besuch der Studienleiterin oder des Studienleiters in einem durch die Prädikantin oder den Prädikanten gestalteten Gottesdienst und ein anschließendes Gespräch zum Lernprozess mit der Mentorin oder dem Mentor.
#

§ 5

( 1 ) Für die Vorbereitungszeit im Grundmodul wird die Prädikantin oder der Prädikant durch das Landeskirchenamt einer Mentorin oder einem Mentor zugewiesen.
( 2 ) Der Mentorin oder dem Mentor obliegt die kontinuierliche Begleitung und Förderung der Prädikantin oder des Prädikanten im Hinblick auf die in § 2 aufgeführten Ausbildungsziele.
Die Mentorin oder der Mentor hat dafür Sorge zu tragen, dass die vorhandenen theologischen Kenntnisse der Prädikantin oder des Prädikanten ergänzt und ihre oder seine Urteilsfähigkeit erweitert werden.
Sie oder er hat zudem die Aufgabe, die Prädikantin oder den Prädikanten in der Praxis der freien Wortverkündigung und der verantwortlichen Leitung von Abendmahlsfeiern anzuleiten.
#

§ 6

( 1 ) Die Ausbildung im Grundmodul an den Lernorten Gemeinde und Studienseminar umfasst insbesondere folgende Inhalte:
  1. Theologische Grundlegung:
    • Elemente biblischer und systematischer Theologie
    • Formen eigener Frömmigkeit
    • Theologie und Lebenswelt
  2. Liturgik und Homiletik:
    • Umgang mit agendarischen Formen
    • Liturgische Präsenz
    • Grundfragen der Predigtarbeit
    • Analyse und Erarbeitung von Predigten
    • Abendmahlstheologie
    • Gestaltung von Abendmahlsgottesdiensten
    • Musik im Gottesdienst
    • Kirchenjahr
  3. Kommunikation:
    • Wahrnehmung der Lebenswelt vor Ort
    • Zugänge zur Alltagssprache
    • Mediale Kommunikation
    • Zusammenarbeit mit Anderen
  4. Kirchliche Rahmenbedingungen:
    • Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
    • Hessische Kirchengeschichte
    • Diakonie
    • Ökumene
    • Amts- und Rollenverständnis
( 2 ) Nachweise
Rechtzeitig vor dem Ende der Vorbereitungszeit hat die Prädikantin oder der Prädikant im Benehmen mit der Mentorin oder dem Mentor
  1. zwei ausgeführte Gottesdienstentwürfe mit eigener Predigt und exegetischen und homiletischen Vorüberlegungen beim Landeskirchenamt einzureichen,
  2. die Kurzprotokolle der Studienleitung des Studienseminars (zur Einsichtnahme) zu übergeben.
#

§ 7

( 1 ) Die Vorbereitungszeit im Grundmodul endet mit dem Abschlusskolloquium, an dem die Prädikantin oder der Prädikant in der Vorbereitungszeit, die Mentorin oder der Mentor, die oder der im Prädikantenbeirat vertretene Pröpstin oder Propst, eine oder einer der landeskirchlichen Beauftragten für den Prädikantendienst sowie eine Studienleiterin oder ein Studienleiter des Studienseminars teilnehmen. Den Vorsitz führt die Prälatin oder der Prälat oder eine von ihr oder ihm beauftragte Vertretung.
( 2 ) Die Einladung zum Abschlusskolloquium erfolgt nach Vorlage der Stellungnahmen
  1. der Gutachterinnen oder der Gutachter zu den eingereichten Gottesdienstentwürfen,
  2. der Mentorin oder des Mentors und des Studienseminars zum Verlauf und Erfolg der Ausbildung.
( 3 ) Gesprächsinhalte des Abschlusskolloquiums sind der Lernprozess in der Ausbildungszeit sowie die eigenständige Auseinandersetzung der Prädikantin oder des Prädikanten in der Vorbereitungszeit mit einem liturgisch-homiletischen Thema.
( 4 ) Nach dem Kolloquium entscheidet die Bischöfin oder der Bischof nach Herstellung des Benehmens gemäß § 4 Absatz 6 Satz 2 des Kirchengesetzes über den Dienst der Prädikanten über die Berufung in das Prädikantenamt mit dem Recht zur freien Wortverkündigung und der Leitung von Abendmahlsfeiern. Die Berechtigung zur Vornahme von Taufen, Bestattungen und anderen Kasualien setzt die Teilnahme am Aufbaumodul voraus.
#

III. Aufbaumodul

#

§ 8

( 1 ) Das Aufbaumodul hat die praktisch-theologische Grundlegung, die liturgische Gestaltung und die seelsorgliche Gesprächsführung im Zusammenhang von Taufe, Trauung, Bestattung und anderen Kasualien zum Inhalt.
( 2 ) Erst mit der erfolgreichen Teilnahme an dem Aufbaumodul wird der Prädikantin oder dem Prädikanten das Recht zur selbstständigen Durchführung von Kasualien zuerkannt.
#

§ 9

Voraussetzungen für die Teilnahme am Aufbaumodul sind:
  1. die Berufung zur Prädikantin oder zum Prädikanten in der Landeskirche,
  2. eine Zeit der Bewährung im Prädikantenamt,
  3. die Empfehlung der begleitenden Pfarrerin oder des begleitenden Pfarrers bzw. Mentorin oder Mentors,
  4. die Empfehlung der zuständigen Dekanin oder des Dekans,
  5. die erklärte Bereitschaft der Prädikantin oder des Prädikanten.
#

§ 10

( 1 ) Die Ausbildung erfolgt in der Regel in der eigenen Gemeinde mit der begleitenden Pfarrerin oder dem begleitenden Pfarrer als Mentorin oder Mentor sowie drei Wochenenden im Studienseminar (Taufe, Trauung, Bestattung).
( 2 ) Die Prädikantin oder der Prädikant kann vom Landeskirchenamt einer anderen Mentorin oder einem anderen Mentor zugeordnet werden.
( 3 ) Sie oder er hat die Aufgabe, die Prädikantin oder den Prädikanten in Theorie und Praxis der Kasualien sowie der Seelsorge anzuleiten.
( 4 ) Mentorinnen und Mentoren werden zu Beginn und im Verlauf der Ausbildung zu zwei Studientagen eingeladen.
#

§ 11

Die Ausbildung im Aufbaumodul an den Lernorten Gemeinde und Studienseminar umfasst folgende Inhalte (vgl. § 6)
  1. Praktisch-theologische Grundlegung,
  2. Reflexion gesellschaftlicher Veränderungen bei Kasualien und deren Auswirkungen auf kirchliches Handeln,
  3. Liturgik und Homiletik im Blick auf die Kasualien,
  4. Seelsorgliche Gesprächsführung aus Anlass von Taufe, Trauung und Bestattung,
  5. Rhetorische Übungen zu Kommunikation und Präsentation im Handlungsfeld Kasualien.
#

§ 12

( 1 ) Für einen erfolgreichen Abschluss des Aufbaumoduls sind notwendig:
  1. eine Bestätigung der Teilnahme an den Kurswochenenden des Studienseminars,
  2. zwei vollständig ausgeführte und selbständig gehaltene Kasualien, die schriftlich bei der Studienleitung eingereicht werden müssen,
  3. die Dokumentation einer kollegialen Beratung im Praxisfeld Kasualien,
  4. eine Empfehlung der Studienleitung des Studienseminars,
  5. eine Teilnahme der Dekanin oder des Dekans oder einer von ihr oder ihm beauftragten Person an einer Kasualie mit einem anschließenden Gespräch und eine daraus resultierende Empfehlung,
  6. eine Befürwortung durch die begleitende Pfarrerin oder den begleitenden Pfarrer beziehungsweise der Mentorin oder des Mentors.
( 2 ) Der erfolgreiche Abschluss wird von der Studienleitung, der oder dem Beauftragten für die Prädikantenarbeit und von der oder dem im Prädikantenbeirat vertretenen Pröpstin oder Propst gemeinsam festgestellt. Die Beauftragung zur Durchführung von Kasualien erfolgt durch die Bischöfin oder den Bischof oder eine von ihr oder ihm beauftragte Person. Eine Mitteilung erfolgt an die begleitenden Pfarrerinnen oder Pfarrer, die dienstvorgesetzten Dekaninnen oder Dekane sowie die zuständigen Pröpstinnen oder Pröpste.
#

§ 13

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft. Gleichzeitig treten die Richtlinien für die Ausbildung zum Prädikantendienst vom 12. Juni 2012 (KABl. S. 218) außer Kraft.