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Kirchengericht:Landeskirchengericht der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Entscheidungsform:Urteil
Datum:23.10.2013
Aktenzeichen:LKGer 2013-5
Rechtsgrundlage:Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck - GO - Art.18 Abs.1 Satz 2; Grundgesetz - GG - Art. 140; Weimarer Reichsverfassung - WRV - Art. 137 Abs. 3 und 5; Kirchengesetz über die Wahl und Berufung zum Kirchenvorstand (Wahlgesetz) - KV-Wahl-G - §§ 9 und 26; Kirchengesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD) - VwGG.EKD - § 17 Abs. 3; Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - § 113 Abs. 1 Satz 4
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Altersdiskriminierung, Altersgrenze, Feststellungsklage, Kirchenvorstand, Wahlanfechtung, Wählbarkeit
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Leitsatz:

  1. Die in Art. 18 Abs.1 Satz 2 GO festgelegte Höchstaltersgrenze von 70 Jahren für die Wählbarkeit von Kirchenvorständen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ist im Rahmen des nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten Selbstverwaltungsrechts der Kirchen rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere verstößt diese Regelung nicht gegen höherrangiges Recht.
  2. Nach Durchführung der Wahl zum Kirchenvorstand ist deren Anfechtung nur über die Wahlanfechtung nach § 26 KV-Wahl-G zulässig.
  3. Zur Zulässigkeit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage und/oder Fortsetzungsfeststellungsklage in diesem Fall.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
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Tatbestand:

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Die Kläger waren bis zur Neuwahl am 29. September 2013 Mitglieder des Kirchenvorstandes der Kirchengemeinde I. Sie begehren die Feststellung der Nichtigkeit, zumindest der Rechtswidrigkeit ihrer Nichtzulassung als Kandidatinnen und Kandidaten zur Kirchenvorstandswahl am 29. September 2013.
Die Kläger waren zur Kirchenvorstandswahl am 29. September 2013 als Kandidaten vorgeschlagen worden. Mit Schreiben vom 11. April 2013 teilte ihnen der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde I mit, der Wahlvorschlag sei form- und fristgerecht eingereicht worden. Der Kirchenvorstand habe den Wahlvorschlag jedoch vollständig ablehnen müssen, weil alle fünf vorgeschlagenen Gemeindeglieder gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 2 der Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (GO) i.V.m. § 9 des Kirchengesetzes über die Wahl und Berufung zum Kirchenvorstand (Wahlgesetz) nicht mehr das passive Wahlrecht hätten.
Mit Schreiben vom 12. April 2013 und vom 19. April 2013 haben die Kläger Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt, die sie damit begründet haben, es handele sich bei der Festsetzung einer Altersgrenze für das passive Wahlrecht auf 70 Jahre um eine Diskriminierung. Zugleich werde ihnen die Fähigkeit aberkannt, über das 70. Lebensjahr hinaus Kirchenvorstandsarbeit leisten zu können, obwohl ihre Arbeit bei allen Aktivitäten der Kirchengemeinde erwünscht sei. Eine eigene Recherche habe ergeben, dass bei den insgesamt 20 Gliedkirchen in Deutschland 70% keine Altersgrenze vorgesehen hätten, bei 20% gebe es eine Altersgrenze von 75 Jahren, Kurhessen-Waldeck habe eine Altersgrenze von 70 Jahren vorgesehen und Sachsen eine Altersgrenze von 68 Jahren.
Mit Beschluss vom 22. April 2013 hat der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises G die Beschwerden zurückgewiesen, mit Bescheiden vom 23. Mai 2013 hat die Dekanin des Kirchenkreises G dies den Klägern mitgeteilt. Zur Begründung wird ausgeführt, gemäß Art. 18 GO sei jedes Gemeindeglied wählbar, das zur Zeit der Wahl 18 Jahre alt sei und das 70. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Diese Voraussetzungen seien jeweils nicht erfüllt. Zwar habe es in den vergangenen Jahren in der Landessynode mehrere Initiativen mit dem Ziel gegeben, die „70-Jahres-Grenze“ abzuschaffen, sie hätten jedoch nicht die erforderliche verfassungsändernde Mehrheit gefunden.
Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2013, am selben Tage bei dem Landeskirchengericht eingegangen, haben die Kläger gegen diese Bescheide Klage erhoben. Zugleich haben sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Begrenzung auf das 70. Lebensjahr sei nichtig, denn sie stehe im Widerspruch zu grundlegenden biblischen Erkenntnissen. Sie verstoße gegen das Grundgesetz und die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte. Zwar hätten bei Schaffung der Altersgrenze im Jahre 1967 gute Gründe für diese Regelung gesprochen. Man habe erreicht, dass jüngere Menschen im Kirchenvorstand Verantwortung übernommen hätten. Außerdem seien viele ältere Menschen über 70 Jahre körperlich und geistig nicht mehr so leistungsfähig gewesen. Nunmehr habe die Regelung aufgrund der geänderten Verhältnisse aber keine Berechtigung mehr, vielmehr würde ein noch aktiver Teil der Gemeinde von der vollen Teilhabe an der Verantwortung ausgeschlossen. Es gebe auch keine kirchliche Notwendigkeit für die Altersbegrenzung, so dass auch nicht von den „allgemeinen Gesetzen“ abgewichen werden dürfe. Die Regelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Grundrechtsbindung der Kirche könne sich aus ihrem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts ergeben. Wenn es darum gehe, im Rahmen demokratischer Wahlen das Vertretungsorgan der Körperschaft, nämlich den Kirchenvorstand, zu bestimmen, zeige sich sehr wohl eine Wechselwirkung. Die demokratische Legitimation dieses körperschaftlichen Vertretungsorgans und damit das in diesem Rahmen gewährleistete passive Wahlrecht unterliege demokratischen Prinzipien und damit auch der Grundrechtsbindung. Auch Art. 4 GG erfordere, dass der Bereich der Körperschaft des öffentlichen Rechts als mitgliedschaftlich verfasste Organisation Gewähr dafür bieten müsse, dass deren Mitglieder im Rahmen der Wahl ihrer Vertreter grundrechtskonform die Rechte aller Mitglieder wahrten. Gemäß § 14 der Anordnung zur Regelung der Geschäftsführung in den Kirchenvorständen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck sei der Kirchenvorstand eine öffentliche Behörde. Damit beziehe die Kirche selbst den hoheitlichen Status ebenso wie auch Hoheitsgewalt auf den Kirchenvorstand.
Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO stelle keinen Rechtsgrund zur Ungleichbehandlung dar. Es sei kein sachlicher Unterschied im Hinblick auf die Aberkennung des passiven Wahlrechts aufgrund des Erreichens des 70. Lebensjahres erkennbar. Außerdem müsse bei der Ungleichbehandlung von Personen und Personengruppen für die Ungleichbehandlung ein Grund von solcher Art und solchem Gewicht vorhanden sein, dass er eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könne.
Auch gemessen am Kirchenrecht verstoße Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO gegen übergeordnetes Recht. Das Recht zur Mitwirkung in der kirchlichen Gemeinschaft sei dem Bekenntnis zur Kirche immanent und werde nicht erst durch Rechtsetzung in der Grundordnung gewährt. Die Regelung in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO widerspreche dem gesamtkirchlichen Recht, Art. 2 Abs. 2 Halbsatz 2 GO-EKD, Art 2 Abs. 1 GO-EKD. Zwischen den Gliedkirchen bestehe Kirchengemeinschaft. Augenfällig sei aber, dass die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck als eine der wenigen Gliedkirchen überhaupt das passive Wahlrecht mit Vollendung eines bestimmten Lebensalters aberkenne. In Art. 1 GO heiße es: „In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck stehen alle ihre Glieder in gemeinsamer Verantwortung und im gemeinsamen Dienst“. Schon der Wortlaut „gemeinsam“ beinhalte im Ergebnis das Verbot der Ungleichbehandlung und gebiete die Gleichbehandlung. Art. 1 GO wiederum sei abgeleitet aus Abs. 4 der Präambel der Grundordnung, der ausdrücklich die Gleichheit aller Glieder in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck betone.
Das Bundesverfassungsgericht habe in einem Beschluss vom 4. Juli 2012 – 2 BvC 1/11, 2 BvC 2/11 – die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung festgestellt, die zu einer Beschränkung des staatsbürgerlichen Wahlrechts geführt habe. Die Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze zeige, dass Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen nicht gerecht werde.
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass die kirchliche Entscheidung der Kirchengemeinde I vom 11. April 2013 in Gestalt der Entscheidung des Kirchenkreisvorstandes vom 23. Mai 2013 betreffend die Nichtzulassung der Kläger zur Wahl des Kirchenvorstandes am 29. September 2013 nichtig oder zumindest rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung heißt es, die Kläger gehörten nicht zu den wählbaren Personen, da sie zur Zeit der Wahl das 70. Lebensjahr bereits vollendet hätten und damit nicht die Voraussetzungen für die Wählbarkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO erfüllten. Mit dieser Vorschrift sei im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts und der Rechtsetzungsgewalt in zulässiger Weise eine Altersgrenze festgelegt worden. Die Befugnis dafür ergebe sich aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 und 5 der Weimarer Reichsverfassung (WRV). Die in der Grundordnung enthaltenen Regelungen zur Bildung der Kirchenvorstände unterlägen nicht der Bindung an die Grundrechte des staatlichen Rechts, insbesondere nicht Art. 3 GG. Selbst wenn man von der Geltung des Art. 3 GG ausgehen würde, ergäbe sich keine Verletzung des Gleichheitssatzes. Es lägen legitime Gründe für die Ungleichbehandlung vor. Bei einer Aufhebung der Altersgrenze würde jüngeren Menschen die Mitarbeit erschwert, außerdem sollte den Menschen über siebzig Jahren die Belastung des Amtes nicht mehr zugemutet werden. Ferner gebe es in vielen Gremien unterschiedlichster Lebensbereiche (Aufsichtsräte, Beiräte, Kuratorien), in den Kodizes für privatwirtschaftliche und diakonische Unternehmen sowie für Schöffen und im berufsständischen Bereich (Notare) Altersgrenzen, die sogar unterhalb von siebzig Jahren lägen. Es seien also durchaus im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unterschiedliche Sachverhalte gegeben, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten.
Darüber hinaus existierten auch in der innerkirchlichen Rechtsordnung keine Grundrechte, gegen die Art. 18 GO verstoßen könnte. In den vergangenen Jahren habe die Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck mehrfach Gesetzesinitiativen zur Aufhebung der in Art. 18 Abs. 1 GO enthaltenen Altersgrenze abgelehnt, zumindest sei die notwendige verfassungsändernde Mehrheit nicht erreicht worden. Für die Regelung seien politische Gründe anzuführen, hauptsächlich habe man einer Überalterung der Kirchenvorstände vorbeugen wollen. Die von den Klägern für die Aufhebung der Altersgrenze vorgebrachten rechtspolitischen Argumente seien in diesem Gerichtsverfahren unerheblich, denn die Abwägung dieser Gesichtspunkte obliege allein der Landessynode als kirchlichem Gesetzgeber, der im Übrigen nach demokratischen Grundsätzen gewählt worden sei.
Die Altersgrenze verstoße auch nicht gegen kirchliches Recht, insbesondere ließen sich keine Ansprüche der Kläger auf Zulassung zur Kandidatur zum Kirchenvorstand aus der Präambel und Art. 1 GO sowie aus Art. 2 GO der EKD herleiten. In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck seien weder eigene kirchliche Grundrechte noch die Übernahme staatlicher Grundrechte normiert. Dies gelte auch für die Grundordnung. Die Präambel und Art. 1 GO enthielten Leitideen und Ziele, formulierten jedoch keine Rechtsansprüche. So sei Art. 1 GO seinerzeit in zweiter Lesung in den Gesetzentwurf als „programmatischer Satz über Stellung und Verantwortung der Kirchenglieder … eingefügt worden, weil verschiedene Voten es als unangemessen erachtet hätten, die Grundordnung mit einer rein rechtlichen Bestimmung über den Gebietsstand der Landeskirche beginnen zu lassen. Hiermit sollten allerdings nicht die Aufgaben der Kirche in der Welt und ihre Grundlegung umfassend bezeichnet werden.“ (Verhandlungen der 1. außerordentlichen Tagung der 4. Landessynode, November/Dezember 1966 und Januar 1967, Seite 10).
Mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 11. Juli 2013 hat das Gericht den Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
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Entscheidungsgründe:

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I.

Die Zuständigkeit des Landeskirchengerichts ergibt sich aus Art. 145 Abs.1 Nr. 1 GO, §§ 15 Abs. 1 Nr. 3, 16 Nr. 3 des Kirchengesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD – VwGG.EKD) i.V.m. § 1 Abs. 1 des Kirchengesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (Kirchenverwaltungsgerichtsgesetz – KiVwGG) und i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 3 des Kirchengesetzes über die Wahl und Berufung zum Kirchenvorstand (Wahlgesetz) – KV-Wahl-G – .
Die Klage ist bereits unzulässig, weil die Kläger die Kirchenvorstandswahl, für die sie kandidieren wollten und die inzwischen stattgefunden hat, nicht gemäß § 26 KV-Wahl-G angefochten haben.
Selbst wenn man die Klage als zulässig ansehen würde, wäre sie allenfalls als Feststellungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 17 Abs. 3 VwGG.EKD bzw. § 65 VwGG.EKD i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässig, allerdings unbegründet.
Dass die Kläger sowohl die Feststellung der Nichtigkeit als auch der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide beantragt haben, hätte der Zulässigkeit der Klage zunächst nicht entgegengestanden. Die Möglichkeit einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage oder einer Fortsetzungsfeststellungsklage schließt die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 VwGG.EKD nicht aus. Ergibt die Nachprüfung, dass der Verwaltungsakt nicht nichtig, sondern nur anfechtbar ist, so ist die Nichtigkeitsfeststellungsklage als unbegründet abzuweisen. Soweit jedoch ursprünglich auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage gegeben waren, ist die Klage nach Erledigung der kirchlichen Entscheidung im Zweifel auch als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 65 VwGG.EKD i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu behandeln.
Anzuerkennen wäre im Falle der Annahme einer Fortsetzungsfeststellungsklage ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Kläger. Zwar kann dieses nicht bereits wegen des Bestehens einer Wiederholungsgefahr angenommen werden, denn eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr ist nicht dargelegt. Zum einen ist der Kirchenvorstand für die Dauer von sechs Jahren gewählt und es ist aus heutiger Sicht nicht vorhersehbar, ob sich die Kläger auch in sechs Jahren wieder zur Wahl stellen möchten. Zum zweiten gibt es im Bereich der Landeskirche nach wie vor Bestrebungen, die Altersbegrenzung durch eine Änderung der Grundordnung aufzuheben, so dass sich bei der nächsten Kirchenvorstandswahl möglicherweise das Problem einer Altersbegrenzung für den Kirchenvorstand nicht mehr stellt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 –) ist jedoch neben den zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bisher bereits anerkannten Fallgruppen (Wiederholungsgefahr, Schadensersatz- oder Rehabilitierungsinteresse) das Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch dann gegeben, wenn ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vorliegt, indem die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Diese Voraussetzung wäre hier erfüllt: Vorläufiger Rechtsschutz ist in Verfahren des kirchlichen Wahlrechts nicht gegeben, wie das Gericht bereits in dem zwischen den Beteiligten geführten Eilverfahren – LKGer 2013-6 – durch Beschluss vom 11. Juli 2013 ausgeführt hat. Auch das Klageverfahren konnte aufgrund der kurzen zur Verfügung stehenden Zeitspanne nicht vor der Kirchenvorstandswahl abgeschlossen werden. Deshalb ist ein Interesse der Kläger an der Feststellung anzuerkennen, ob sie zu Recht von der Wahl ausgeschlossen worden sind und ob eine Grundrechtsverletzung vorliegt bzw. vorliegen kann.
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II.

Eine Feststellungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage wäre jedoch unbegründet, weil der Beklagte die Zulassung der Kläger als Kandidaten für die Kirchenvorstandswahl zu Recht abgelehnt hat. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO ist für den Kirchenvorstand jedes Gemeindeglied wählbar, das zur Zeit der Wahl 18 Jahre alt ist und das 70. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, denn sie hatten das 70. Lebensjahr zur Zeit der Wahl bereits vollendet.
Entgegen der Auffassung der Kläger verstößt Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GO nicht gegen höherrangiges Recht.
Gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV ordnen und verwalten die Religionsgesellschaften ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleihen ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. Innerhalb dieses Selbstverwaltungsrechts hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck sich eine Grundordnung gegeben, die durch die Landessynode als Kirchengesetz beschlossen worden ist. In diesem Rahmen ist in Art. 18 GO das Wahlrecht zum Kirchenvorstand geregelt worden.
Eine höherrangige Regelung, die diese in Art. 18 GO vorgeschriebene Altersgrenze für das passive Wahlrecht verbieten würde, besteht nicht. Die Grundrechte, auf die sich die Kläger in diesem Zusammenhang berufen, stellen kein für alle geltendes Gesetz im Sinne des Art. 137 Abs. 3 WRV dar, denn sie verpflichten nur die öffentliche Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG), nicht aber die Kirche in ihrem internen Bereich.
Eine Grundrechtsbindung der Landeskirche kann sich zwar grundsätzlich aus ihrem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts ergeben (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV). Allerdings nehmen die Kirchen keine öffentlichen Aufgaben unter staatlicher Aufsicht wahr, sie sind deshalb nicht grundrechtsverpflichtet, sondern vielmehr selbst grundrechtsberechtigt.
Die Altersgrenze für den Kirchenvorstand ist auch nicht mit dem Körperschaftsstatus der Kirche unmittelbar verbunden, wie die Kläger meinen, so dass sich auch daraus keine Grundrechtsbindung herleiten lässt. Vielmehr geht es bei der Altersgrenze um das Maß, in dem die Kirche Mitwirkungsmöglichkeiten durch Kirchenrecht konstituiert.
Soweit die Kläger eine Verletzung des Gleichheitsgedankens und des Menschenwürdeprinzips als allgemeine Prinzipien geltend machen, ist eine solche Verletzung ebenfalls nicht gegeben.
Eine Verletzung des Gleichheitsgedankens ist immer schon dann ausgeschlossen, wenn legitime Gründe für eine Ungleichbehandlung vorliegen. Das ist hier der Fall. Die Synode hatte mit der Einführung der Altersgrenze beabsichtigt, den über 70 Jahre alten Menschen die Belastungen eines solchen Amtes nicht mehr zuzumuten. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Amtszeit gemäß Art. 22 GO sechs Jahre betrage und das Amt gemäß Art. 20 GO nur aus einem erheblichen Grund abgelehnt oder niedergelegt werden könne. Auch seien viele Menschen in diesem Alter nicht mehr in der Lage, den Anforderungen des Amtes gerecht zu werden. Außerdem sollte die Mitarbeit von jüngeren Kirchenmitgliedern nicht dadurch behindert werden, dass die Kirchenvorstände überwiegend mit alten Menschen besetzt sind. Mit diesen Erwägungen hat die Synode ausreichende Gründe für ihre Entscheidung für eine starre Altersgrenze dargelegt. Selbst die Kläger haben vorgetragen, dass die Kirchenvorstände vor Schaffung der Regelung überwiegend mit älteren Menschen besetzt gewesen seien, weshalb man die Mitarbeit jüngerer Kirchenmitglieder angestrebt habe. Soweit die Kläger sodann allerdings die Ansicht vertreten, dieses Ziel sei inzwischen erreicht, man müsse die Regelung nunmehr abschaffen, kann ihnen nicht gefolgt werden. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass inzwischen tatsächlich Kirchenmitglieder jüngerer Altersgruppen in den Kirchenvorständen mitarbeiten, zumal auch der Beklagte diesem Vortrag nicht widersprochen hat. Allerdings ist nicht dargelegt, aus welchen Gründen dies ohne eine entsprechende Altersgrenze auch künftig noch so sein sollte.
Selbst nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die hier vergleichend herangezogen werden kann, sind starre gesetzliche Altersgrenzen zulässig, etwa bei einer Versetzung von Beamten bzw. Richtern auf Lebenszeit in den Ruhestand (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 –). Auch hier kommt es unter anderem darauf an, ob das Gesetz zum Ziel hat, eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen. Ein Verstoß gegen das Menschenwürdeprinzip kann darin nicht gesehen werden.
Auch ein Verstoß gegen übergeordnetes kirchliches Recht, wie die Kläger ihn sehen, liegt nicht vor. Die Rechtsordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck sieht kirchliche Grundrechte oder eine Übernahme staatlicher Grundrechte nicht vor. Rechte und Pflichten der Kirchenmitglieder werden im Kirchenmitgliedschaftsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (KMG.EKD), das auch für die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck gilt, angesprochen. Gemäß § 3 Abs. 2 KMG.EKD wirken die Kirchenmitglieder im Rahmen der kirchlichen Ordnung bei der Besetzung kirchlicher Ämter und der Bildung kirchlicher Organe mit. Diese kirchliche Ordnung findet Ausdruck in der Regelung des Art. 18 GO. § 3 Abs. 2 KMG.EKD steht dem nicht entgegen.
Schließlich führt auch eine kirchenrechtstheoretische Bewertung der Altersgrenze zu keinem anderen Ergebnis. Für die Mitwirkungsmöglichkeiten von Kirchenmitgliedern findet das Kirchenrecht eine Grundlage in der Lehre vom Priestertum aller Gläubigen, wonach alle Kirchenmitglieder berufen sind, an der Verwirklichung des kirchlichen Auftrags mitzuwirken. Diese Mitwirkung erfolgt nach vorgegebenen Regeln, zu denen auch die Vorschriften über die Besetzung kirchlicher Organe gehören. Im Unterschied zum staatlichen Recht sichern subjektive Rechte des Kirchenrechts nicht die Freiheit der Menschen vor staatlicher Beeinträchtigung. Vielmehr geht es darum, ihre Beteiligung am kirchlichen Handeln mit dem Ziel der Verwirklichung des kirchlichen Auftrags zu gewährleisten. Subjektive Rechte in der Kirche werden den Kirchenmitgliedern im Interesse des richtigen kirchlichen Handelns zugewiesen, wobei es darauf ankommt, durch die jeweilige Ausgestaltung dieser Rechte die Beteiligung der Kirchenmitglieder an der Verständigung über das kirchliche Handeln zu optimieren. Diese Grundsätze verpflichten den kirchenrechtlichen Gesetzgeber zu einer Überprüfung, inwieweit eine optimale Beteiligung der Kirchenmitglieder bei der Besetzung kirchlicher Organe erreicht werden kann, wenn sich die tatsächlichen Lebensverhältnisse geändert haben. Hier stehen dem Kirchengesetzgeber verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung; eine davon ist die Festlegung einer Altersgrenze. Die Wahl unter diesen „Modellen“ obliegt jedoch der Landessynode, nicht dem Landeskirchengericht.
Die Rechtswidrigkeit oder sogar die Nichtigkeit der den Klägern zugestellten Bescheide kann nach alledem nicht festgestellt werden.
Da die Kläger unterliegen, haben sie die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 60 Abs. 1 VwGG.EKD).