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Ordnung zur Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen (Bauvergabeverordnung)

Vom 20. Dezember 2022

KABl. 2023 S. 51, Nr. 24

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Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften

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§ 1
Anwendungsbereich

( 1 ) Diese Ordnung findet Anwendung auf Ausschreibung, Vergabe und Vertragsregelungen zur Beauftragung und Abwicklung von Bauleistungen kirchlicher Körperschaften im Bereich der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.
( 2 ) Diese Ordnung wird nicht Bestandteil etwaiger Vergabeunterlagen an die Bieter im Rahmen des Vergabeverfahrens oder den entsprechenden Leistungsbeschreibungen.
( 3 ) Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.
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§ 2
Vergabegrundsätze

( 1 ) Im Interesse einer sparsamen, wirtschaftlichen und nachhaltigen Verwendung der Haushaltsmittel sind Leistungen im Regelfall nur nach Wettbewerbsverfahren zu vergeben. Eine Vergabe darf nur erfolgen, wenn dies der Erfüllung kirchlicher Aufgaben dient, der Bedarf als notwendig anerkannt ist und die Vorschriften des Kirchlichen Haushaltsrechts eingehalten werden.
( 2 ) Wettbewerbsbeschränkenden und -widrigen Handlungsweisen ist aktiv entgegenzuwirken (Wettbewerbsgrundsatz).
( 3 ) Bei der Vergabe ist der sachgerechte, insbesondere wirtschaftliche Einsatz der den kirchlichen Körperschaften jeweils für Bauzwecke zur Verfügung stehenden Mittel zu gewährleisten.
( 4 ) Die Vergabe darf nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Personen oder Unternehmen zu angemessenen Preisen erfolgen.
( 5 ) Bei der Vergabe sind ökonomische, ökologische und soziale Kriterien zu berücksichtigen (Nachhaltigkeitsgrundsatz).
( 6 ) Bei der Vergabe ist auf ein transparentes Vergabeverfahren, eine fachgerechte und funktionale Ausführung sowie eine umfassende Haftung für Mängelansprüche abzustellen.
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Abschnitt 2
Vergabe von Bauleistungen

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§ 3
Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen

Bei der Vergabe von Bauleistungen an Bauunternehmen ist die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) in ihrer jeweils geltenden Fassung nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen anzuwenden, sofern diese etwaigen Förderbestimmungen Dritter zur Gewährung von Zuschüssen nicht widerspricht.
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§ 4
Anwendung der Vergabearten

( 1 ) Bei Öffentlicher Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben. Bei Beschränkter Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nach Aufforderung einer beschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben, gegebenenfalls nach öffentlicher Aufforderung, Teilnahmeanträge zu stellen (Beschränkte Ausschreibung nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb). Bei Freihändiger Vergabe werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahren vergeben.
( 2 ) Eine Öffentliche, ggf. europaweite Ausschreibung hat zu erfolgen, wenn und soweit Förderbestimmungen Dritter zur Gewährung von Zuschüssen dies fordern.
( 3 ) Eine Beschränkte Ausschreibung ist grundsätzlich anzustreben. Wenn das Volumen des Einzelauftrages mehr als 20.000,00 Euro beträgt, sind mindestens drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern. Wenn das Volumen des Einzelauftrages mehr als 100.000,00 Euro beträgt, hat der Beschränkten Ausschreibung ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorauszugehen.
( 4 ) Die Freihändige Vergabe ist zulässig, wenn der Wert des Einzelauftrages 20.000,00 Euro nicht übersteigt. Dazu sollen drei Angebote geeigneter Unternehmen eingeholt werden. Darüber hinaus ist eine Freihändige Vergabe ausnahmsweise bei einem Wert des Einzelauftrages bis zu 50.000,00 Euro zulässig, wenn
  1. für die Leistung aus besonderen Gründen nur sehr wenige Unternehmen in Betracht kommen (z. B. Patentschutz, besondere Erfahrung oder besondere Einrichtungen oder Geräte für bestimmte Ausführungsarten) oder
  2. die Leistung besonders dringlich ist oder
  3. die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe (d. h. zu Beginn des Vergabeverfahrens) nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können oder
  4. eine Leistung von einer bereits vergebenen Leistung nicht ohne Nachteil getrennt werden kann oder
  5. wenn nach Aufhebung einer Öffentlichen oder Beschränkten Ausschreibung eine erneute Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis verspricht.
( 5 ) Unabhängig vom Auftragswert kann für Ersatzbeschaffungen eine Freihändige Vergabe erfolgen, wenn diese besonders dringlich sind.
( 6 ) Die Direktvergabe (Auftrag ohne Gegenangebot) ist bis zu einem Wert des Einzelauftrages von 7.500,00 Euro zulässig.
( 7 ) Die Berechnung des nach den Absätzen 2 bis 7 maßgeblichen Auftragsvolumens ergibt sich aus der gesamten Auftragssumme exklusive Umsatzsteuer. Wird ein Auftrag über mehrere Jahre vergeben, berechnet sich die Auftragssumme über die Addition der Kosten der gesamten Laufzeit.
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§ 5
Unternehmen

( 1 ) Vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe sind die Eignung der Unternehmen sowie deren Bereitschaft zur Erfüllung des Auftrags zu prüfen. Dabei sind die Unternehmen auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendige Sicherheit bietet; dies bedeutet, dass sie die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und über ausreichende personelle, technische und wirtschaftliche Mittel verfügen.
( 2 ) Von den Bewerbern können zum Nachweis ihrer Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) Angaben verlangt werden über:
  1. Freistellungsbescheinigung,
  2. Tariftreue, Zahlung von Mindestentgelten an Beschäftigte,
  3. Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft,
  4. Prüfung der Eignung von Nachunternehmern, insbesondere in Hinblick auf Tariftreue und Zahlung von Mindestentgelten sowie
  5. andere geeignet erscheinende Nachweise der Leistungsfähigkeit.
( 3 ) Unternehmen können ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit infrage stellt.
( 4 ) Unternehmen sind auszuschließen,
  1. über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder dessen Eröffnung beantragt oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wurde,
  2. die sich in Liquidation befinden,
  3. die ihre Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Abgaben sowie der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß erfüllt haben,
  4. die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen abgegeben haben,
  5. die sich erkennbar kirchenfeindlich verhalten,
  6. die Erklärungen nach Absatz 2 nicht abgeben oder aus anderen vergleichbaren Gründen.
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§ 6
Leistungsvertrag, Stundenlohnvertrag

( 1 ) Bauleistungen sollen so vergeben werden, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird (Leistungsvertrag), und zwar in der Regel zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber anzugeben ist (Einheitspreisvertrag), in geeigneten Fällen für eine Pauschalsumme, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist (Pauschalvertrag).
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§ 7
Vergabeunterlagen

( 1 ) Bei der Gestaltung der Vergabe- und Vertragsunterlagen ist auf deren Vollständigkeit und auf eindeutige Formulierungen zu achten.
( 2 ) Auf die Erstellung der Leistungsbeschreibung nach den Vorgaben der VOB Teil A und C ist ein hohes Maß an Sorgfalt zu verwenden. Insbesondere sind die Mengen nach dem tatsächlichen Bedarf zu ermitteln. Alternativ- und Eventualpositionen sind im begründeten Einzelfall zulässig, jedoch auf das notwendige Maß zu beschränken.
( 3 ) Dies gilt auch bei der Einholung von Angeboten im Wege der Freihändigen Vergabe, da nur so eine Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist.
( 4 ) Bei der Erstellung der Vergabeunterlagen ist auf die Vereinbarkeit mit der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B zu achten. Im Übrigen sind jeweils die „Zusätzlichen Vertragsbedingungen“ nach dem Vergabehandbuch des Bundes (VHB) und die „Besonderen Vertragsbedingungen“ zu verwenden.
( 5 ) Für die Erfüllung der Verpflichtungen aus Mängelansprüchen sollen ab einer Netto-Abrechnungssumme von 20.000,00 Euro in der Regel fünf Prozent des Betrages als Sicherheitsleistung erhoben werden.
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§ 8
Prüfung und Wertung der Angebote

( 1 ) Die Angebote sind entsprechend den Vorgaben der VOB/A zu prüfen und zu werten.
( 2 ) Durch interne Organisation des kirchlichen Auftraggebers soll sichergestellt werden, dass die Erstellung der Ausschreibung einerseits und die Durchführung des Eröffnungstermins andererseits von verschiedenen Personen wahrgenommen werden, die Angebote an den kirchlichen Auftraggeber gerichtet werden und die Submission in Räumlichkeiten des jeweils zuständigen Kirchenkreisamtes stattfindet. Die Durchführung des Eröffnungstermins soll durch mindestens zwei Personen erfolgen (Vier-Augen-Prinzip), wobei eine Person davon einem Organ oder einem Ausschuss des kirchlichen Auftraggebers anzugehören bzw. als hauptberuflich Mitarbeitende für diesen tätig zu sein hat.
( 3 ) Die Submission für Projekte der Landeskirche findet unter anderen Voraussetzungen statt.
( 4 ) Der Zuschlag ist auf das – unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte – wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.
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§ 9
Aufhebung von Vergabeverfahren

( 1 ) Die Vergabeverfahren können ganz oder bei der Vergabe nach Losen auch teilweise aufgehoben werden, wenn
  1. kein Angebot eingegangen ist, das den Bewerbungsbedingungen entspricht oder
  2. sich die Grundlagen der Vergabeverfahren wesentlich verändert haben oder
  3. sie kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt haben oder
  4. eine unerwartete Kostensteigerung eingetreten ist oder
  5. andere schwerwiegende Gründe bestehen.
Ein schwerwiegender Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Leistung mit einer anderen Leistung so eng verbunden ist, dass ohne Durchführung der anderen Leistung für den Auftraggeber kein Interesse mehr an der Vergabe der Leistung besteht.
( 2 ) Die Bewerber oder Bieter sind von der Aufhebung der Vergabeverfahren unter Bekanntgabe der Gründe unverzüglich zu benachrichtigen.
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§ 10
Dokumentation des Vergabeverfahrens

( 1 ) Auf eine Dokumentation des Vergabeverfahrens, insbesondere auf die Anfertigung von Niederschriften über den Eröffnungstermin, Vergabevermerken, einem qualifiziertem Vergabevorschlag sowie auf die vertrauliche Behandlung und sorgfältige Verwahrung der Unterlagen, ist zu achten. Soweit keine kirchlichen Mustervorlagen bestehen, sind die Vordrucke des Vergabehandbuches des Bundes (VHB) anzuwenden.
( 2 ) Die Unterlagen des erfolgreichen Bieters sind bis zum Abschluss der entsprechenden Gewährleistungsfrist aufzubewahren. Die Unterlagen der nicht berücksichtigten Bieter sind bis zum Abschluss der Baumaßnahme aufzubewahren.
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Abschnitt 3
Schlussvorschriften

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§ 11
Inkrafttreten

Diese Ordnung tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.